Sonntag, 27. November 2011

Der optimale Vertrieb - Ein Programm in 10 Schritten

Ein Vertrieb in einem großen Dienstleistungsunternehmen. Man arbeitet im Bereich Firmenkunden, bei erklärungsbedürftigen Dienstleistungsprodukten. Der Markt ist von hoher Konkurrenz geprägt.  Um jeden Lead kämpft man mit mindestens drei anderen, im Prinzip vergleichbaren, Mitbewerber.

Der Verkauf setzt auf Direktvertrieb. Marketing, Flyer, Broschüren oder Kongresse werden soweit nötig unterhalten. Die Masse der Budgets fließt in die Vertriebsmannschaft und in dem Besuch beim Kunden vor Ort.

Die Mannschaft besteht aus Originalen. Keine weich gespülten Standardvertriebler. Alle über  40. Leute, denen man anmerkt, dass sie im Leben schon etwas erlebt haben. Mit Kanten.  Die wissen, was sie wert sind.

Der Vertriebsleiter hat darauf geachtet, dass jeder seiner Mitarbeiter schon einmal eine Lebenskrise erfolgreich überwunden hat. Scheidung, finanzielle Schwierigkeiten, gescheiterte Existenzgründung, ein Rauswurf, für ihn Gründe sich näher mit einem solchen Bewerber zu befassen.

Der Vertrieb ist legendär für seine Feiern. Vertriebstagungen sind durch umfangreiche Ehrungen, Erfolgsgeschichten und abendliche Feierlichkeiten gekennzeichnet. Es gibt eine Vielzahl an Firmengeschichte, in die neue Mitarbeiter bei dieser Gelegenheit eingeweiht werden. Legenden über große Abschlüsse und ehrenvolle Niederlagen. Von Hilfe unter Kollegen, von dem Auftrag der dann doch noch kam, von dem Auftrag den man abgelehnt hat, obwohl das Jahresziel noch nicht erreicht war....usw.

Und die Witze!. Einer der Vertriebsleiter hat sie in einem Buch zusammengefasst. Eine Loseblattsammlung, die ständig wächst.

Regelmäßig finden Verkaufstrainings statt. Die Trainer sind alle ausgewiesene Originale und Vollblutverkäufer. Sie haben viel erlebt. Und können darüber erzählen!. Es geht natürlich um Methodik das Verkaufens. Um Kommunikation, Einwandbehandlung. Vor allem aber geht es auch darum, wer man ist und wer nicht, was man tut als Verkäufer des Unternehmens und was nicht.

Der Vertrieb liegt Wert darauf, das neue Mitarbeiter nicht alleine ihre Arbeit beginnen. Ihr erster Tag ist grundsätzlich eine Vertriebstagung. So kommen Sie hinein, werden gleich von Anfang an mit den Mythen der Organisation konfrontiert und lernen, wofür das Unternehmen steht. 

Erfolge werden regelmäßig publiziert und genau analysiert. Jeder Auftrag ab einer bestimmten Größenordnung wird detailliert berichtet, analysiert warum er geklappt hat, wie es mit der Konkurrenzsituation aussah, wie die Kundensituation beschaffen, welches Produkt und welche Leistung angeboten war. 

Niederlagen, sind Grund für ein Schulterklopfen, die Unterlagen zu Deal und Verhandlung werden sofort vernichtet, konsequent darauf geachtet, das ein Mitarbeiter mit einem solchen Verlust schon am nächsten Morgen an mindestens zwei frischen Neukunden arbeitet. 

Das ist in bester Ordnung, denn:

Nur in einem Bereich der Organisation sind Fehler Normalfall: Im Verkauf.

Schafft es ein Vertrieb in einem wettbewerbsintensiven Markt  40% der Angebote zu Aufträgen zu wandeln oder 10 % der Kontakte zu Auftragegebern zu machen arbeitet er hervorragend und besser als viele Organisationen. Trotzdem bedeutet auch diese gute Wandlungquote, das in 90% der Fälle ein Kontakt nicht zum Auftrag führt, das trotz aller Arbeit und allen Schweißes, auch bei hervorragenden Angeboten 60% fehlschlagen.

Ein Verkäufer ist aus diesem Blickwinkel jemand der in der Hauptsache Niederlagen erlebt, eine Verkaufsorganisation ein Bereich, der in der Hauptsache Niederlagen produziert.

Die entscheidende Frage ist also: Wie strukturiert man eine solche Organisation, deren Hauptaufgabe es ist, produktiv und effizient mit Fehlern und Niederlagen umzugehen.

Konzentriert man sich auf die Analyse von Fehlern und Niederlagen oder Siegen?

Wie schafft es die Verkaufsorganisation Distanz zu diesen Niederlagen zu erreichen, immer wieder gut gelaunt den Kunden entgegenzutreten, wissend, dass in 90% der Fälle, an denen man den Telefonhörer aufhebt, nichts draus wird.

Der New Yorker Psychologen George Bonanno hat eine auch für Organisationen sehr relevante These: Mit traumatischen Erfahrungen geht man am besten durch Verdrängen um.

Leitbild ist für Ihn der Verdrängungskünstler, der sich nicht lange mit den unangenehmen Seiten des Lebens aufhält.

"Shit happens", warum also groß darauf herumreiten.

Besonders bedeutsam ist die Rolle des Humors als Stressabbauer: Lachen hilft den Trauernden, weil es die psychologische Distanz zum Stress abbaut.

Es geht also um die geistige Flucht nach vorn, die ausschlaggebend ist, für die Fähigkeit, trotz des unvermeidbaren Maßes an Unglücks und Tiefschlägen, die das Leben bereithält, die emotionale Balance zu halten.

Humor, drüber lachen können, ist wichtig: In Vertrieben wird viel gelacht, gefrozelt, Zotten gerissen.

Und das ist gut so, wenn die These von George Bonanno stimmt.

Ja noch mehr: Man muss es produzieren, fördern, strukturieren.

Nicht über Fehler reden, sondern über Erfolge, Möglichkeiten des gemeinsamen Lachens schaffen, Distanz aufbauen, die geistige Flucht nach vorne organisieren. 

Mythen, eigene Ziele, die Schaffung einer eigenen Identität, die nicht auf den Kunden und seine unberechenbaren Reaktionen ausgerichtet ist, sondern sich selber Wert und Inhalt gibt – all das sind Mittel diese Distanz zu schaffen und zu steuern. 

Anwendung – in 10 Schritten zum optimalen Vertrieb:

1.) Schaffen Sie sich und ihren Führungskräften das richtige Mindset:

1.1.) Seien Sie ehrlich: Sie machen Fehler. Auch und gerade im Vertrieb. Gut so!.

1.2.) Vergessen Sie Kundennähe im Verkauf!  Vergessen Sie sie!!  Jetzt!!!

Ihr Job ist es, aus Interessenten Kunden zu machen. Sie arbeiten mit Interessenten, Leads, Opportunities - nicht mit Kunden. Das werden vielleicht welche - sie sind es aber noch nicht.

Kunden kennt man - Leads nicht. Man weiß nicht was sie wirklich wollen. Wer sie sind. Was die antreibt. Ob sie passen. Deshalb werden aus den meisten Leads keine Kunden. Es passt nicht. Sie wollen nicht. Jemand anders passt besser...

Wie auch immer. Wenn sie gut sind, werden 20% der Leads Kunden, wenn Sie brillant sind vielleicht 30%. Mehr nicht. Da können Sie noch so viel tun.

1.3.) Fragen Sie sich, wer sie sind und wofür sie stehen. 

Was macht ihr Unternehmen aus. Hören Sie dabei nicht auf ihre Kontakte, Leads oder Opportunities. Die sagen ja hauptsächlich nein zu ihnen. Dass sie nicht passen. Dort werden Sie sich also nicht finden.

Schauen Sie nach innen. Wer sind Sie. Und wofür stehen Sie. Finden Sie diese Antwort, bevor sie weitermachen.

Und denken Sie daran: Diese Antwort muss viele Neins aushalten. Sie muss Leute begeistern, Mitarbeiter immer wieder dazu bewegen, neu aufzustehen.

Machen Sie sich dabei nicht von ihren Leads abhängig. Sie arbeiten für das, für was sie stehen. Nicht für ihre Leads.

Sie werden es sowieso nicht schaffen aller Menschenfreund zu werden. Seien Sie wenigstens Ihr eigener.

2.) Sie haben gefunden, wofür sie stehen? Gut. Schreiben Sie es auf. Lernen Sie es auswendig.

3.) Brechen Sie es herunter. Verständlich, auch für ihre Mitarbeiter. Was bedeutet das, wofür sie stehen, für ihre Organisation. Was tut man dann, was tut man nicht. Was bedeutet es für ihre Leistungen, für ihre Produkte. Was passt ins Portfolio und was nicht.

4.) Beschränken Sie sich dabei nicht nur auf eine Sachargumentation. Emotionen sind wichtig. Stolz noch mehr. Suchen Sie in der Vergangenheit, in dem, was man in ihren Vertrieb erzählt.

Welche Geschichte passt für das, was Sie sein wollen. Welche ist ein "Gleichnis" für das, wofür Sie stehen.

Wenn sie nichts finden, erfinden Sie etwas.

Erzählen Sie diese Gleichnisse. Immer wieder. Reden Sie von den Geschichten, die den Kern dessen ausmachen, wofür ihre Organisation und sie selber stehen.

Schaffen Sie Mythen

5.) Prüfen Sie Ihr Umfeld. 

Entfernen Sie alles, was nicht zudem passt, wofür sie stehen. Rigoros!.
Seien es Mitarbeiter, Aktivitäten, Produkte, Leistungen.Und Leads!
Sie brauchen eine klare Form um den Sturm des Neins zu überstehen.

6.) Vergessen Sie nicht zu lachen. 

Wenn sie durch die Gänge ihrer Organisation gehen und nicht mindestens in jedem zweiten Zimmer alle 5 Minuten Lachen hören, läuft irgendetwas schief. Schaffen Sie Gelegenheiten zusammen zu lachen. Lernen Sie Witze.

Achten Sie bei der Einstellung auf das richtige Verhältnis. Von Ernsten, zu Leuten die mit Spaß kommunizieren können. Sorgen Sie für Humor. Er ist wichtiger als die nächste Prämie.

7.) Feiern sie ihre Siege. Spontan und, etwas später, noch einmal organisiert.  Zeichnen sie aus.  Schaffen Sie Ehrenzeichen.  Orden sind ein gutes Mittel. Etwas, was keine Kunden geben können, sondern nur das Unternehmen selbst.  Was man nicht am Markt kaufen kann.

Gibt es nicht in der Wirtschaft ?!- na und!!!  Schaffen Sie sie!.
 
8.) Analysieren Sie, warum es gut geklappt hat.  Was waren die Faktoren?  Was war hier anders? ... Prüfen Sie, was davon multiplizierbar ist. Was man woanders anderes macht.

9.) Ignorieren Sie ihre Niederlagen. Aus Fehlern lernt man nichts.  Es sein denn Sie sind Masochist.

10.) Beginnen sie bei 1. Mindestens einmal im Jahr.