Mittwoch, 31. Oktober 2012

9 Entscheidertypen und wie man sie vertrieblich erreicht

„Könnten Sie mir zusammenfassen, wie sie hier genau vorgehen wollen"? fragt der Geschäftsführer. „Die Strategie und die Methode habe ich verstanden, mir geht es um die konkreten Schritte, die hier zu tun sind, das würde ich mir gerne in aller Ruhe durchlesen!". „Ich würde gerne ganz konkret wissen, was ich, als Geschäftsführer, am ersten Tag zu tun habe, wie dann der Workshop aussieht, mit dem sie das Projekt starten, wie die Agenda in 30 min. Schritten aussieht, was mögliche Ergebnisse sind, und so weiter!"." 

Wir stellen Ihnen etwas zusammen Herr Müller" sagt Meyer, und denkt sich ..." das wird Arbeit, alleine schon um zu beschreiben, wie man ein Streichholz an einer Streichholzschachtel anzündet, braucht es über eine DIN A4 Seite. "Wieviel Seiten brauchen wir dann, um ganz konkret, auf 30 min. Basis zu beschreiben, wie das Projekt abläuft",...nachdenklich verlässt er das Büro des Geschäftsführers.

Nächster Besuch bei diesem potentiellen Kunden ist der Produktionsleiter! Der, dessen Prozesse verbessert werden sollen: "Könnten sie mir noch einmal erklären, wie die wesentlichen Prinzipien hinter ihrem Vorgehen aussehen, wie diese theoretisch begründet sind, und was ihre Methode und Prinzipien von anderen Anbietern unterscheidet"? „Sehr gern Herr Schmidt“, sagt Meyer, „bei uns liegen drei Prinzipien zu Grunde:…",. Nach 1 h verlässt Meyer ausgelaugt das Büro, ...."auf eine Vorlesung zu den Grundprinzipien des Prozessmanagements war ich jetzt eigentlich auch nicht gefasst", denkt er,...

Ein letzter Besuch steht noch aus, der Betriebsrat. Er ist vorgewarnt und begrüßt Ihn: „Schmidt hat mir Ihre Unterlagen schon zukommen lassen, gut geschrieben, konnte ich sogar schon beim dritten Lesen verstehen!, ganz im Gegensatz zu ihren Konkurrenten, aber ehrlich gesagt, ich glaube da nicht dran“. „Irgendwas in meinem Bauch sagt mir, das funktioniert so nicht“. Könnte ich das irgendwo sehen, was sie tun?, selbst mit erleben?“ „Ich brauche einfach ein gutes Bauchgefühl, einen Glauben an die Sache, den hab ich so noch nicht…"

"Na herrlich", denkt sich Meyer, "jetzt haben wir einen ganzen Typen Zoo beieinander: Der Geschäftsführer ein pragmatischer Videt, der Produktionsleiter ein kognitiver Audet, und der Betriebsrat ein glaubender Kinästhet!". "Schwieriger geht es kaum", denkt sich Meyer und erwidert: „Aber sicher Herr Joachim, da haben wir einen hervorragenden Referenzkunden,…

Das ist in bester Ordnung, denn:

Menschen sind verschieden. Sie sind durch unterschiedliche Formen der Kommunikation zu erreichen: Audeten am besten über Sprechen, Videten am besten über Geschriebenes, Kinästheten am besten durch selbst Erlebtes, (vergleiche den Blogpost im August).



Und! sie verarbeiten Informationen, die Sie über diese Kanäle erreichen, auch unterschiedlich:

  • durch logisches Hinterfragen, rationales Evaluieren und Bewerten - kognitiv
  • durch Ausprobieren und sofort probeweise im Handeln umsetzen - pragmatisch
  • durch ein Vertrauen auf den Bauch - glaubend



Alle diese Typen sind etwa gleich verteilt unter Deutschlands Entscheidern vorhanden, sie durch eine zielgerichtete, typgerechte Kommunikation zu erreichen und zu einer Entscheidung zu bringen ist damit keine einfache Aufgabe:


A) Die Videten:

-Der kognitive Videt:

Ist noch der einfachste Fall, weil wir für diesen Entscheidertypus zur Uni gehen und Betriebswirtschaft studieren. Er ist der klassische Manager aus dem Fernsehfilm, der durch logische Argumente, straffe Businesspläne, und die traditionelle zehn Seiten PowerPoint  zu erreichen ist. Alle managementgetriebenen Organisationen bauen eigentlich auf diesen Entscheidertypus, nur sind eben leider Gottes nur 11 % der Entscheider eigentlich von diesem Typ. Alle anderen gehören zu den nachfolgenden. Auch wenn also eine Organisation in Ihrer Ausschreibung schriftgebundene, chartgestützte, abstrakte, logisch nachvollziehbarer Konzepte verlangt, denken Sie daran: Zu 89 % tickt Ihr Entscheider anders,

-Der pragmatische Videt:

Auch er erschließt sich die Welt durch Lesen, Nachvollziehen von Geschriebenem, allerdings ist der Gegenstand für ihn nicht das logische Konzept, sondern die konkrete, pragmatische Beschreibung von Handeln. Nicht Methoden und Prinzipien, nicht der Blick aus 10.000 m Flughöhe, sondern die Grasnarbe, das Schritt für Schritt Vorgehen, das konkrete Handeln und Anreißen des Streichholzes an der Schachtel, sind sein Interesse, zu Entscheidungen zu kommen. Vertriebstechnisch gesehen, einer der schwierigsten Entscheider,  stellt doch das konkrete Beschreiben von Handlungsabläufen auf Grasnarbeniveau aufwandtechnisch und inhaltlich eine große Herausforderung dar.

-Der glaubende Videt:

Gibt es nicht?, aber ja: Priester und Pastoren!, Zu mindestens im Prinzip, denken Sie an alle Führungskräfte denen Leitbilder, zentrale Werte, Unternehmensverfassungen, und Ähnliches wichtig sind. Viel Spaß dabei diese zu schreiben, wenn sie nicht Martin Luther sind....

B) Die Audeten 

- Der pragmatische Audet:

Ein Klassiker, meistens im operativen Mittelmanagement angesiedelt, aber auch eine Vielzahl von Unternehmern entsprechen diesem Typ!!! Er will keine Konzepte lesen, sondern vertraut darauf, nach mündlichen Vortrag zu beurteilen: Was er dort hört erschließt sich ihm nicht rational, sondern er probiert es einfach aus. In der Praxis muss es sich beweisen - ist sein Grundprinzip. Vieles, was logisch klingt, funktioniert im Alltag sowieso nicht, also warum nicht sofort den Praxistest machen,  ist sein Entscheidungsmuster. Pilot Tests sind das richtige Mittel ihn zu überzeugen, notfalls auch und gerade gegen Erfolgshonorar!

-Der kognitive Audet:

Er lebt im Zeitalter vor Gutenberg und vor Einführung der Schrift. Ihm sind logische Zusammenhänge wichtig, die Prinzipien die hinter einer Idee stecken -  er erschließt sie sich aber nicht durch Lesen, sondern durch Vortrag: „Ist mein Gesprächspartner in der Lage, mir die Prinzipien logisch nachvollziehbar zu schildern, kann er selbst logisch darlegen, warum seine Ideen methodisch funktioniert“, das sind für ihn entscheidende Kriterien für seinen Entschluss.

-Der glaubende Audet:

Kennen sie Propheten!, Evangelisten?, dann kennen Sie diesen Typus. Genau so einer ist das, er lebt vom gesprochenen Wort, der Predigt, nicht die Details, die Prinzipien und logischen Zusammenhänge sind ihm wichtig, sondern die Vision, und die Werte dahinter: Darum geht es, dass hält die Welt zusammen - Warum auch nicht, die katholische Kirche lebt seit über 2000 Jahren, hoch erfolgreich!

C) Die Kinästheten

-Der glaubende Kinästhet:

Nicht immer ist es die Predigt, die Menschen zum Glauben bringt, viel öfter war es das Erlebnis, der Gang durch die Wüste, der brennende Dornbusch, den man mit eigenen Augen gesehen hat. Das braucht der glaubende Kinästhet, um zu einer Entscheidung und zum Glauben zu kommen: Ein Schlüsselerlebnis, das für ihn aus einem rationalen Vorschlag, eine leitende Vision macht. Keine ganz einfache Aufgabe für den Vertrieb, solche Ereignisse herzustellen, aber letztlich gesehen lebt hiervon eine ganze Eventindustrie

-Der kognitive Kinästhet

Eine schwierige Kombination: Der Gottesbeweis ist zwar Gegenstand einer umfangreichen Literatur des Mittelalters, ihn logisch führen zu können, aber nicht unbedingt Hauptbeschäftigung von Vertriebsorganisationen. Aber genau darum geht es diesen Typus, er will sich selbst durch eigenes Erleben logisch klarmachen warum, sich Glauben an diese Sache lohnt. Vision beweisen, noch dazu nicht durch Schrift, sondern durch Erleben, ist eine große Herausforderung - Das wird Ihnen nur in den seltensten Fällen gelingen.

Der pragmatische Kinästhet:

Viel einfacher, fast schon der einfachste aller Entscheidertypen: Er erarbeitet sich seinen Glauben durch Tun. Vetrieblich nicht schwer zu erreichen - man verabredet ein Pilotprojekt - ist er doch komplex in der Prognose seiner Entscheidung: Auch wenn der Prototyp klappt, muss das nicht zu einem positiven Glauben bei ihm führen. Genauso gilt der Umkehrschluss: Auch eine gescheiterte Generalprobe, bedeutet nicht den Verlust des Glaubens an eine erfolgreiche Premiere! Da kann man nur ausprobieren und dann sehen wohin man kommt - die Quote, ist die Quote, ist die Quote....

Tipps, für ihre Anwendung

1.) Sie haben eine PowerPoint Präsentation, eine Bereichsvorstellung, einen gut gemachten Produktkatalog, perfekt – nur: Seinen Sie sich gewiss, sie werden damit nur ein Neuntel aller Entscheider erreichen!. Stecken Sie nicht zu viel Zeit hinein, auch wenn das Marketing und die Kollegen aus den Stabsabteilungen und von der Unternehmensspitze, lange Diskussionen über Formen und Inhalte einer Unternehmens- und Produktpräsentation führen wollen. Hier besser werden, wirkt nur bei 11 % der Zielgruppe - leider, aber sonst wäre es ja auch langweilig

90 % aller Entscheider erreichen Sie über andere Wege. Suchen Sie sich deshalb lieber einen weiteren Lead, als noch mehr Zeit in diesen zu stecken.

2.) Kommunizieren Sie immer in mehreren Kanälen: Versuchen Sie in jedem Fall für die Kinästheten Referenzbesuche und Referenzerlebnisse in der Hinterhand zu haben, trainieren Sie den Vortrag ihrer Ideen für die Audeten, bringen Sie einen Entwurf für ein Pilotprojekt mit,... dann haben sie zumindest schon mal 60-70 % der Kommunikationstypen auf dem Radar.

3.) Um wirklich maßgeschneidert kommunizieren zu können, verwenden Sie Ihren ersten Termin in einer potentiellen Kundenorganisation um die Entscheider kennen zu lernen, um zu verstehen, zu welchen Kommunikationstypen sie gehören.

Merke: Beim ersten Termin geht es nicht darum, dem Kunden etwas zu sagen, sondern zu verstehen, was er für einer ist!!! Fragen Sie, erzählen sie nicht, „Ask – dont tell“ - durch Fragen erschließen Sie sich den Typus, die Kommunikation und die Entscheidungsart.

4.) Seien Sie skeptisch gegenüber offiziellen Entscheidungsprozessen. Die sind immer auf konstruktive Videten ausgelegt, und vermitteln das Bild, das es schon genügt, ein gutes Angebot, und eine gute Präsentation mit hervorragenden Charts gemacht zu haben.

Das täuscht,! Nichtsdestoweniger müssen sie auch diesen Kommunikationskanal gut bestücken, vergessen Sie aber nicht, dass es immer einen zweiten gibt, der eine andere Kommunikation erfordert


5.) Gehen Sie in Kommunikation mit ihrem gesamten Vertriebs- und Angebots Team. Bilden Sie diese in den Typologien aus: Machen Sie die Frage zu welchem Typus ein Entscheider gehört, zum ersten Punkt des Besuchsberichts für Ihren Außendienst, führen sie keine Diskussion mit Ihren Vertrieblern oder Mitarbeitern, ohne direkt am Anfang nach dem Typ des Entscheiders, Anrufers, und Reklamierenden zu fragen.

6.) Typgerechte Kommunikation hilft nicht nur beim Verkauf, sondern auch beim Service, bei der Kundenbindung, übrigens nicht nur im betrieblichen sondern auch im privaten Bereich!: Was eigentlich ist Ihre Frau? Ihre Kinder, ihr Partner?“

7.) Viel Spaß beim Verkaufen !!!