Montag, 30. April 2012

Der Nürnberger Trichter des Vertriebs


Führungswechsel in einer Geschäftssparte eines großen Dienstleisters. Es geht um einen Notfall: Der Bereich liegt im April weit unter Plan. Nimmt man alle außen stehenden Aufträge zusammen, ist das Jahresziel noch nicht einmal zu 10 % erreicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die zur Zeit von der Vertriebsmannschaft bearbeiteten Angebote realisiert werden, ergibt sich immer noch ein schwarzes Loch von 80 % zum Plan. Es brennt also!

Der neue Geschäftsführer macht sich kundig. Es gilt Prioritäten zu setzen. Praktisch mitten im Jahr kann an der Produktpalette oder aber an der mittelfristigen Marketingplanung kaum noch etwas verändert werden. Zusätzliche Werbeveranstaltungen haben einen langen Vorlauf und wirken sich kaum noch auf das jetzige Geschäftsjahr aus, Messeplätze sind bereits vergeben, gute Standorte nicht mehr verfügbar. Klassisches Marketing, Anzeigenwerbung oder Sponsorings kommen ebenfalls nicht infrage, weder gibt es hierfür Budgets in der ausreichenden Höhe, noch haben diese Marketinginstrumente die kurzfristige Wirkung, die notwendig ist, um die Jahresziele zu schaffen.

Was bleibt ist der Kern des Geschäfts - die Arbeit in und mit der Vertriebsmannschaft. Hierauf legt der neue Geschäftsführer seinen Fokus.

Der Geschäftsführer beschließt alle Kräfte auf die klassische Vertriebsarbeit zu konzentrieren. Das Unternehmen ist schon lange am Markt und kann deshalb auf eine breit ausgebaute, gut gepflegte Kundenkontaktdatenbank zurückgreifen. Die Kunden werden durch das Marketing regelmäßig über Neuigkeiten informiert, die Adressen sind auf dem aktuellen Stand, die Telefonnummern gepflegt. Pro Außendienstler liegen etwa 1000 gepflegte Adressen vor. Das ist die Basis.

Durchschnittlich fehlen den Vertriebsmitarbeitern ca. 2 Millionen € Umsatz, um die Jahresziele zu erreichen. Bei einem Durchschnittsauftragswert von 200.000 DM entspricht dieses 10 Aufträgen, die in dem noch laufenden Geschäftsjahr pro Außendienstmitarbeiter akquiriert werden müssen.

Bei einer durchschnittlichen Dauer von drei Monaten für den Zeitraum zwischen erstem Kontakt und Kundenentscheidung, bleiben genau noch fünf Monate, um die entsprechenden Kundenkontakte für dieses Auftragsvolumen zu schaffen.

Geht man davon aus, dass für einen erfolgreichen Auftrag mindestens zwei Angebote gestellt werden müssen (eine optimistische Annahme), sind pro Außendienstmitarbeiter 20 Angebote zu schreiben. Entsprechend etwa vier Stück pro Monat. Geht man weiterhin davon aus, dass nur 30% der intensiv betreuten Kundenkontakte (Opportunities) zu Angeboten werden, sind für 20 Angebote 67 Kundenkontakte zu betreuen - 13,4 pro Monat und Außendienstler. Dieses entspricht bei 4,5 Wochen pro Monat knapp 3 Terminen pro Woche.

Verkaufstrichter/Salespipeline mit beispielhaften Wandlungsquoten vom Lead zum Auftrag



Um diese Termine mit der notwendigen Geschwindigkeit sicherzustellen, wird für die ersten anderthalb Monate (6 Wochen) ein externes Callcenter beauftragt. Sorgfältig geprüft sind hier externe Spezialisten damit beauftragt, den Bedarf bei Kontaktpartnern des Unternehmens zu sondieren und wo Bedarf vorhanden, entsprechende Termine zu verabreden. Da davon auszugehen ist, dass nur etwa bei 20 % der Kontaktpartner (Leads) ein tatsächlich für diesen Zeitraum vorhandener Bedarf vorliegt, sind pro Außendienstmitarbeiter 335 Kunden zu kontaktieren um die notwendigen 67 Kundenkontakte für die 20 Angebote zu generieren. 

Dieses entspricht einem Volumen von knapp 56 Leadkontakten pro Woche. Geht man davon aus, dass vier Anrufe notwendig sind, um einen Kunden zu erreichen entspricht dieses 223 pro Woche durchzuführenden Anrufen. Bei einer Leistung von etwa 45 Anrufen pro Halb-Tag, ist hierfür ein halbtags beschäftigter Telefon Verkäufer notwendig, um innerhalb von 6 Wochen, das entsprechende Volumen pro Außendienstler bereitzustellen.

Das ist in bester Ordnung, denn:

Marketing und die klassischen Mittel zur Verkaufsunterstützung sind mittelfristige Instrumente. Sie können die klassische Vertriebsarbeit unterstützen, aber auf keinen Fall ersetzen. Nichtsdestoweniger sind sie eine der wesentlichen Voraussetzungen, um eine qualifizierte Kundenkontakt Basis zu haben, die das Fundament aller vertrieblichen Aktivitäten ist.

Bei den heutigen Vertriebsprozessen, der Wettkampfsituation am Markt und den komplexen Entscheidungsprozessen auf Kundenseite steigt die Anzahl der zu betreuenden Leads und Opportunities vertriebsseitig exponentiell.
 
1000 pro Außendienstler zu führende und gezielt zu kontaktierende Kontakte sind keine Seltenheit, um ein stabiles Auftragseingangsvolumen generieren zu können. All dieses erfordert eine präzise geplante, abgestimmte Arbeit in Vertrieb und Telefonverkauf und ein gut abgestimmtes Zusammenspiel zwischen klassischen Marketing, Direktmarketing, Eventmarketing, Telefonverkauf und Außendienst.

Aufgrund der zu bewältigenden Mengengerüste und der Komplexität des Zusammenspiels ist i für einen wirtschaftlichen Ablauf der Einsatz eines qualifizierten CRM Systems wie SAP CRM, Mircosoft CRM, Salesforce, etc. unbedingte Voraussetzung. 

Aber auch für die Führung ergeben sich neue Herausforderungen: Die Steuerung der Pipeline wird zur herausragenden Aufgabe der Vertriebsleitungen, die Pipeline zum Nürnberger Trichter des Verkaufs:

Wie sieht das Verhältnis von Kontakten zu Angeboten aus, sind genügend
Kunden angesprochen, um die notwendigen Kontaktmengen herzustellen,
sind überhaupt genug Adressen vorhanden, um die notwendige Anzahl an
Kunden ansprechen zu können? Dieses sind die kritischen Fragen, die hier
immer wieder, Monat für Monat, beantwortet werden müssen. 

Die Antwort auf diese Fragen gibt ein CRM System wie z.B. Salesforce oder Microsoft, SAP CRM. Hier werden in graphischer Form die Mengen der bearbeiteten Leads, Opportunities, Angebote, etc in Form eines Balkendiagramms, der Verkaufstrichters/Salespipeline dargestellt:


Grafik A: Salespipeline mit zu wenig Opportunities und Angeboten
 


Grafik A zeigt zum Beispiel einen Vertrieb der eine Vielzahl von Kontakten
aufweist, aber es bisher anscheinend noch nicht geschafft hat, diese Kontakte in ausreichendem Maße in Angebote umzusetzen. Dieses mag entweder daran liegen, das die Kontakte, zum Beispiel aufgrund einer Messe, relativ frisch sind und noch bearbeitet werden müssen oder aber, es wird zu sorglos mit den Kontakten umgegangen und diese ineffizient nachgearbeitet.


Grafik B: Salespipeline mit zu wenig Leads



Grafik B zeigt einen Vertrieb, in dem zwar genügend ernsthafte Gespräche mit Kunden geführt und diese auch mit vernünftiger Effizienz in Angebote
gewandelt werden, aber viel zu wenig neue Kontakte vorhanden sind. Hier ist die Kontaktgewinnungsarbeit vernachlässigt worden, der zurzeit
noch vorhandene, gute Auftragseingang kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Vertriebseinheit in spätestens 5-6 Monaten, wenn die anstehenden
Angebote abgearbeitet sind, in Probleme kommen wird, weil das
Mengengerüst für neue Angebote und damit neuer Aufträge fehlt.

Informationen dieser Art lassen sich nur über CRM Systeme wie z.B. Salesforce, zusammenstellen. Sie zu analysieren und aufgrund dieser Analyse mit den jeweilig Verantwortlichen Maßnahmen zu ergreifen, ist die herausragende Aufgabe von Vertriebsführungskräften.

Tipps für Ihr Anwendung:

1.)  Werfen Sie einen Blick in die Vergangenheit, sie brauchen Ausgangsdaten!: Wie hoch ist der durchschnittliche Auftragswert, wie viel Angebote brauchen Sie pro Auftrag, wie viel Kundengespräche für ein Angebot, wie viele Kontakte für ein qualifiziertes Gespräch? Lassen Sie diese erheben, nicht zu lange zurück, das letzte Jahr reicht, aber dafür in aller Breite über alle Vertriebsgebiet

2.) Analysieren Sie, wie hoch sind die Wandlungsquote ist, wie hoch der durchschnittliche Auftragswert, pro Vertriebsgebiet und in Summe! Zählen sie zusammen: Wie viele Kundenkontakte brauchen sie, wie sieht das pro Vertriebsgebiet aus, wo hat man die wenigsten, wo die meisten?

3.) Machen Sie sich ein Bild vor Ort: Wie sehen die Verkäufer des besten Vertriebsgebiets aus, wie die des schlechtesten? Wie werden Sie geführt, wie war die Messearbeit, wie die Kontaktarbeit im Telefonverkauf?

4.) Leiten sie aus ihrem Bild Durchschnittswerte für die Planung ab. Eliminieren sie die schlechtesten und! die besten. Konzentrieren Sie sich auf den Durchschnitt, denn der wird am Ende siegen! Leiten Sie hieraus und aus ihrem Jahresplan, die notwendigen Schlagzahl-Vorgaben für die Vertriebsarbeit ab: Wie groß muss das durchschnittliche Auftragseingangsvolumen pro Angebot sein, wie viel Angebote sind zu erstellen, wie viele Kundenkontakte, wie viele Termine, wie viele Anrufe?

5.) Brechen Sie diese auf die einzelnen Vertriebsgebiete herunter, und spiegeln sie ihre Gesamtsumme ins Marketing: Gibt es überhaupt genügend Adressen um die benötigte Kontaktzeit zusammen zu bekommen? Wenn ja, welche Möglichkeiten gibt es die Kontaktzahl zu erhöhen, die Kontaktqualität zu verbessern?

6.) Sorgen Sie für einen hoch qualitativen, in Kapazität genügend ausgestatteten Telefonverkauf! Hier ist das größte Mengengerüst abzuarbeiten, hier sind Tausende Calls effizient durchzuführen. Das braucht qualitatives Personal, stringente Organisation und zielgerichtete Informationen. Das ist nicht billig! Braucht es doch Kapazität und entsprechende Systemunterstützung.

7.) Prüfen Sie ob sie die Mittel für den Telefonverkauf haben, wenn nicht schichten sie die Budgets rigoros in diese Richtung um. Investieren Sie in Systeme und in Kapazität am Telefon. Streichen Sie notfalls Messen und Kongressteilnahmen, Event Marketing oder andere Bausteine Ihres Marketings. Telefonkontakt und die Leadgewinnung sind der Ausgangspunkt für den Auftragseingang. Was hier nicht gewonnen wurde, kann hinten nicht zum Auftrag werden. Deshalb genießen Sie oberste Priorität.

Viel Spaß am Geld verdienen!