Donnerstag, 31. Januar 2013

Sales Rules - Daumenregeln für den Verkaufserfolg

“ Da müssen wir mitmachen“, ruft Meyer, als er in Müllers Büro stürmt, “...das ist eine sensationelle Ausschreibung, richtig groß, da müssen wir alles daran setzen, ein ganzes Team....“.

“Haben wir denn vorher davon gewusst?“, unterbricht ihn Müller. “Nein“, sagt Meyer, “die Windwerk AG kennen wir noch nicht, wollte ich immer mal hinfahren, aber hab ich irgendwie nicht geschafft,  bin über das Internet und Google Alert darauf gekommen“.

“Haben wir denn eine Referenz für das, was Sie suchen?“, fragt Müller. "Nein, eigentlich nicht, das würde aber prima zu unserer neuen Produkt Idee passen, die könnten wir hier, bei diesem Kunden entwickeln und zum ersten Mal aufsetzen“, antwortet Meyer. Ich bin mir sicher, dass wir das besser können, als unsere Konkurrenten in Düsseldorf, die haben zwar schon eine bewährte Lösung, mit vielen Referenzen, aber unser Ansatz ist von der Konzeption her einfach moderner“, fährt er fort.

“Und wann soll es losgehen“, fragt Müller. “Schon bald, das ist ja das Gute", sagt Meyer, "die erwarten in 14 Tagen die Angebote...“. In 14 Tagen?!!“, unterbricht ihn Müller, "bei einer solchen Ausschreibung, eine so kurze Frist?“ . “Eigentlich waren es sechs Wochen, aber ich habe die Ausschreibung erst heute Morgen gesehen“, antwortet Meyer, “das schöne ist aber, dass es gleich losgehen soll, das wird noch komplett in dieses Halbjahr gehen, ein schöner Umsatz und ein toller Auftragseingang…“.

“Im nächsten Halbjahr?“, unterbricht ihn Müller, “da sind wir doch schon so gut wie voll ausgelastet, wie wollen Sie denn da die notwendigen Kapazitäten für dieses Projekt zusammen bekommen? “Da habe ich auch schon drüber nachgedacht", antwortet Müller, "die kaufen wir zu, ich kenne da ein hervorragendes Unternehmen, die noch freie Kapazitäten haben“.

“Und was fordert die Ausschreibung als Angebotsumfang?“, fragt Müller. “Ja, das ist schon eine Menge, die wollen eine detaillierte Beschreibung des Vorhabens, mit eingehender Kalkulation, Darstellung der Referenzen und der Qualifikation der beteiligten Mitarbeiter von uns. Ich schätze mal, dass wir dafür so an die 8 Personenwochen brauchen“, antwortete Meyer. 


"Lassen Sie mich kurz nachdenken", sagt Müller: 8 Personenwochen, dass heißt bei zwei Wochen Durchlaufzeit mindestens vier Leute Vollzeit, denkt sich Müller. Bei dem Schwierigkeitsgrad können wir da keine Anfänger nehmen, das müssen unsere Senioren machen, d.h. vier Leute aus dem Tagesgeschäft herausholen, denkt er weiter. Und das noch kurzfristig: Bei drei Terminen pro Woche und Verkäufer, bedeutet das einen Ausfall von 24 Terminen in den nächsten zwei Wochen.

Gehen wir mal davon aus, dass wir prinzipiell in 5 Terminen einen Auftrag anstoßen, würden dadurch mittelfristig 5 Aufträge ausfallen. Bei einem Durchschnittsbestellwert von 300.000 € entspricht dies 1.5 Mio €. an Auftragseingang. Und all das investiert für eine Ausschreibung, bei der wir keinen Kontakt zum Kunden haben, keinen im Entscheidungsteam kennen, keine vernünftige Referenz besitzen und noch dazu nicht einmal mit eigenen Kräften liefern können.

No Way - denkt sich Müller und antwortet Meyer "Das werden wir nicht machen, weil..."


Das ist in bester Ordnung, denn: 

Vertrieb ist vor allen Dingen eines: Eine Investition, die sich lohnen muss.

Gerade weil Arbeit im Vertrieb immer das Umgehen mit Unsicherheit bedeutet, gilt es verfügbaren Ressourcen sorgfältig und überlegt einzusetzen und sich auf die, wirklich Erfolg versprechenden Chancen zu konzentrieren.

Das gilt vor allem bei Ausschreibungen, die in vielen Verkaufsorganisationen einen Großteil der Arbeit umfassen:


 

Regel 1.) Ausschreibungen gewinnt man vor der Ausschreibung


Wenn man von einer Ausschreibung überrascht wird, ist der Krieg eigentlich schon fast verloren. Bedeutet das doch, dass man vorab keinen Kontakt zum Kunden hatte, kein Vertrauensverhältnis aufbauen konnte. Kundenzugang und Kenntnis des Entscheidungsverhaltens und der Entscheidungsprozesse, sowie der Motivation beim Ausschreiben, sind eine entscheidende Bedingung für eine erfolgreiche Ausschreibungsteilnahme. Und eben diese lassen sich effizient nur vor einer Ausschreibung gewinnen.

Innerhalb einer Ausschreibung gibt es festgelegte Rollen und Erwartungen. Jeder Kundenkontakt in einem solchen Prozess ist von diesem Rollen und Erwartungen bestimmt: Einkauf, Ausschreibungsverfasser beim Kunden, Verkäufer, Fachexperte beim Anbieter - alle haben ihre Aufgaben, alle ihr, durch die Ausschreibung vorgegebenes Skript für die Inhalte der Kommunikation.

Da bleibt wenig Zeit für zwischenmenschliches, für Zuhören, für zweckfreie Kommunikation, die ja gerade eine der wesentlichen Treiber für den Aufbau von Beziehungen ist.

Zumal man ja nicht alleine kommuniziert, da man, je nach Ausschreibung, 4-5 andere Anbieter neben sich hat.

Hier in dieser Situation wird kein Vertrauen aufgebaut, sondern Vertrauen, das schon da ist, genutzt. Haben Sie  zum Kunden vorab kein Vertrauen aufgebaut, sind Sie im wahrsten Sinne des Wortes arm dran.


Regel 2.) Die Kosten einer Geschäftschance ergeben sich aus dem entgangen Auftragseingang in der Bearbeitungszeit


Der Wert der Zeit im Vertrieb misst sich an den Ergebnissen, die man in Ihr erreicht haben könnte. Geht man z.B. davon aus, dass ein Verkäufer 5 Termine pro Woche macht und in diesen einen Auftrag gewinnt, kostet eine Woche Verkäuferzeit, die für Angebote verwendet wird, eben nicht nur das Gehalt, sonder auch den Auftragseingang und Umsatz des nicht zustande gekommenen Auftrags. In unserem Beispiel oben: 1,5 Mio E !!!

Regel 3.) Der Wert einer Geschäftschance muß 5 mal höher als die Kosten sein


In Wettbewerbsmärkten erreichen auch gute Vertriebe kaum höhere Wandlungsquoten als 20%, d.h. machen nur jede 5 Vertriebschance zum Auftrag. Damit sich die Investition in eine Geschäftschance lohnt, muß Ihr Wert damit mindestens 5 mal höher sein, als die Kosten, die sie verursacht. In unserem Beispiel oben, müsste die Ausschreibung, bei Kosten von 1,5 Mio E, damit einen Umfang von 7,5 Mio E haben.
  
Tipps für ihre Anwendung

1.)  Ausschreibungen sind das Fast food für den Vertrieb. Süß, nahrhaft, aber fett machend! Ausschreibungen versprechen die Chance auf schnelles Geschäft ,ohne all zuviel Mühe. Sicher, man muss ein Angebot schreiben, aber man braucht keine Kalt-Kontakte zu machen, wird nicht am Telefon abgewiesen, hat alles fein säuberlich vor sich liegen und kann sich, schön warm am Schreibtisch, seine Gedanken machen. Das macht bequem, wiegt einen in falscher Sicherheit und lässt die Kilos wachsen.

2.)
Seien Sie vorsichtig, was die Menge an Ausschreibungen betrifft. Für die Beantwortung einer Ausschreibung braucht es grundsätzlich keine Verkäufer. Ausschreibungen beantworten kann auch eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung oder die Ingenieure in der Konstruktion. Wer viel Ausschreibungsgeschäft macht, macht sich im Verkauf selbst überflüssig.

3. )
Sie wollen es trotzdem angehen? - ich hatte Sie gewarnt...Prüfen Sie als erstes, ob es einen etablierten, verlässlichen Kontakt zum Entscheidersystem des Kunden gibt.
Haben Sie keinen zum Kunden vorab aufgebaut lassen Sie die Ausschreibung bleiben!. Ernsthaft!!!


4.) Sie haben Kundenkontakt?  ok - super. Prüfen Sie als nächstes, was in Richtung Angebot gefordert ist und wie lange sie, welchen Aufwand betreiben müssen, um ein entsprechendes Dokument zu erstellen. Prüfen Sie, ob sie das können und die entsprechend qualifizierten Ressourcen an Mitarbeitern verfügbar sind. Seien Sie hierbei ehrlich - wenn schon denn schon - nichts ist teurerer, als ein halbherzig erstelltes Angebot, das dann doch verloren geht.

5.) Bewerten sie dann, was liegen bleibt in der Angebotserstellung und wie das zu bewerten ist - die Währung hierbei lautete: Kurz- und mittelfristig entgangener Auftragseingang !

6.) Stelle sie dieses Kosten, den Wert des Angebots nach Verhandlung !!!! gegenüber. Berücksichtigen Sie alle Rabatte, die sie geben müssen, die Konkurrentenpreise etc. Seien Sie ehrlich. Sie haben einen Wert? Aufschreiben!

7.)  Dann, für sich alleine, schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass Sie den Deal gewinnen. Ehrlich, wirklich ehrlich...!

8.) Nehmen Sie den Wert des Angebots (den nach Rabatten - Sie erinnern sich!) und multiplizieren Sie Ihn mit dem Kehrwert der Wahrscheinlichkeit, d.h. bei 20% Wahrscheinlichkeit mit 5, bei 10% mit 10.

9.) Sie sind noch allein? - prima. Stelle Sie diesen Wert, den Kosten gegenüber!  - liegt er höher, gehen sie zu ihrem Team und geben Sie den Startschuss, liegt er niedriger - vergessen Sie es.

10.) Viel Spaß beim Verkaufen!