Sonntag, 29. Mai 2011

Der Jocker - "unerwartet, aber relevant"

Es gilt eine Außendiensttagung vorzubereiten. Natürlich gibt es die Standarddinge:Die Zahlen, der Bericht des Vorstands, der Stand der Dinge in der Produktentwicklung. Sie sind schnell auf der Agenda. Man achtet darauf, dass sie nicht mehr als 1/3 der Zeit füllen - "basic"

Aus Umfragen bei den Außendienstlern kennt man die Erwartungen der Kollegen, die möchten das erfolgreiche Deals besprochen werden. Das: "Was haben wir gelernt aus erfolgreichem Vertragsverhandlungen" ist ihnen wichtig. Aber auch die Auszeichnung von Kollegen, die Besonderes geleistet haben. Damit ist auch schon das zweite Drittel der Agenda gefüllt - "erwartet".

Verbleibt das Unerwartete: In der letzten Zeit gab es viel Kritik an der Verkaufsförderung: Zu zentralistisch, zu langsam, zu unflexibel. Auf der anderen Seite, aus dem Blickwinkel des Marketing gab es ähnliche Klagen, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Keine Ideen, ständig viel zu viele Anforderungen die viel zu kurzfristig an das Marketing herangetragen werden.....

20% des neuen Marketingbudgets werden für die Veranstaltung reserviert. Jeder Außendienstler bekommt seinen Teil dieser 20% zur persönlichen Verfügung. Er allein entscheidet. Auf der Veranstaltung! Voraussetzung: Er legt einen entsprechenden Plan fest, gibt sich verbindliche Ziele, die er über erreichen wird, und bestimmt was, wann, wie, getan wird. Natürlich lässt sich ein solcher Plan nicht aus der luftleeren Hand entwickeln. Es braucht Hilfe und Unterstützung. Die gesamte Marketingabteilung ist deshalb angetreten. Jeder Außendienstler bekommt einen Mitarbeiter zugeordnet, der ihn für zwei Stunden dabei unterstützt, seinen Verkaufsföderungsplan zu entwickeln. Nicht irgendwann, sondern jetzt. An dieser Tagung.

Der Plan wird direkt entschieden und an diesem Tag freigegeben. Noch am Abend gehen die entsprechenden Aufträge an unterstützende Dienstleister.

Die Agenda zu diesem Punkt startet mit einer kurzen Einführung durch die Vertriebsleiter. Die Außendienstler wollen es nicht glauben. Eigenes Geld, zu ihrer Entscheidung. Marketingmitarbeiter die  direkt verfügbar sind. Schnell wird ihnen klar, dass es jetzt nur noch an ihnen liegt. Jetzt muss ein Plan her. Gott sei Dank haben sie zwei Stunden Zeit ihn zu erarbeiten und Hilfestellung.....

Im Nachgang ist es gerade dieser Teil, der als Jocker bei den Bewertungen die positivste Resonanz erhält...."unerwartet, aber relevant"

Das ist in bester Ordnung, denn:

Jedes Vorhaben muss Nutzen erzeugen:

o) "Basic": Das Projekt muss einen Grundnutzen liefen. Ein Implementierungsprojekt, die Implementierung, ein Prozessprojekt Prozesse und so weiter.
Dieser Nutzen ist basic. Er ist nichts besonderes, sondern die Eintrittskarte, die man liefern muss, um überhaupt im Spiel dabei zu sein. Durch ihn kann man sich wieder allein stellen, noch besondere Punkte beim Kunden sammeln. Man lieferte nur das, was der Kunde gekauft hat - Das Auto muss fahren, damit es ein Auto ist, die Beratung muss einen Rat bringen, damit sie eine Beratung ist

o) "Erwartet": der Kunde erwartet nicht nur das ein Auto fährt, sondern dass die Versprechen, die die Marke kommuniziert, eingehalten werden. Die Höchstgeschwindigkeit muss stimmen. Der Verbrauch passen. Das Image, das sein neuer Wagen bei seinem Bekannten hat auch dem entsprechen, dass die Marke kommuniziert. All das ist nur erwartet, das heißt führt dazu, dass der Kunde nicht dissonant wird, das heißt seine Erwartungen nicht erfüllt werden. Bindung erzeugt man so noch nicht, man erfüllt nur das Versprechen dass man gegeben hat.

o) "Unerwartet aber relevant": Hier geht es um Komponenten, die für den Kunden erheblich Nutzen bringen, aber vorab nicht kommuniziert wurden, also für den Kunden unerwartet sind, aber ihm trotzdem einen hohen Nutzen bieten. Diese positive Überraschung bietet die größte Bindung und schafft Alleinstellung beim Kunden. Nicht alles vorher versprechen, sondern im Projektverlauf positiv überraschen,  passend zur Marke und dem Projektziel - das ist der hohe Gral der Projektarbeit.

Anwendung:

1,) Machen Sie sich klar, wer der Kunde ist. Alles weitere bezieht sich nur auf Ihn. Es geht um seine Sicht der Dinge, was für Ihn Basic ist. Was er erwartet. Wie er zu überraschen ist. Sie können sich nicht entscheiden, kommen auf mehrere Kunden? Prima, es spricht viel dafür, dass es so sein wird und Sie mehrere Kundenpersonen mit in Ihr Kalkül mit einbeziehen müssen.

2.) Wenn Sie diese Übung schon das letzte Jahr gemacht haben, setzten sie alles was sie unter erwartet hatten auf basic. Was gestern noch besonders war, ist heute normal und morgen nicht mehr erwähnenswert.

3.) Analysieren Sie jetzt Ihr Produkt/Projekt. Aus Kundensicht wohl gemerkt. Welche Eigenschaften ordnet der Kunde im Produkt zu. Welche diese Eigenschaften ist für ihn Basic, was erwartet, was unerwartet, aber relevant.

4.) Das gleiche noch einmal. aber jetzt mit den zwei wichtigsten Konkurrenzprodukten/-projekten

5.) Prüfen Sie Ihre Listen. Bei Basic sollten in etwa genau so viele Punkte stehen wir bei der Konkurrenz. Im Falle "erwartet" eher mehr. Bei "unerwartet" in jedem Fall mehr - wenn ja, stoppen Sie an dieser Stelle, wenn nein, weiter geht's.

6.) Wenig oder gar nichts, in "erwartet" und "unerwartet"! - There is work to do, urgent work. Sie müssen Ihr Produkt/Projekt anreichern. Beginnen Sie bei den erwarteten Eigenschaften aus Kundensicht. Wie können Sie das Ergebnis ihres Projektes so ergänzen, dass die Erwartungen des Kunden eher erfüllt werden? Prüfen Sie also Ihre Projektziele und die geplanten Ergebnisse. Vergleichen Sie sie mit den Erwartungen aus Kundensicht und ergänzen Sie sie wo immer es notwendig ist.

7.) Noch wichtiger ist das Unerwartete. Dieses werden sie nicht bei Ihrem Kunden finden. Schließlich erwartet es er ja nicht. Hier müssen Sie sich in den Kunden hinein versetzen. Was könnte ihn überraschen. Positiv. Ihm einen Nutzen verschaffen, an den er noch nicht einmal gedacht hat. Seien Sie kreativ. Fragen Sie junge Leute im Projekt. In ihrer Entwicklungstruppe. Lassen Sie sich Zeit. Und geben sie sich Mühe. Dieser Punkt ist der entscheidende Punkt. Hier können Sie Land gut machen gegen einen Konkurrenten der mehr oder eher die Erwartungen des Kunden trifft.

8.) Fassen sie alles zusammen. Geben Sie Prioritäten anhand der zur Verfügung stehenden Mittel.  Und konzentrieren Sie sich eher auf das Unerwartete. Dann auf Basic!.Weil das die Eintrittskarte ist. Ohne die nichts geht. Und erst dann auf das Erwartete!

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