Sonntag, 6. März 2011

Sie wollen verändern? – setzen Sie ein Apollo Ziel und planen Sie die Landung auf dem Mond statt den Lauf auf den nächsten Hügel

Die Mutter eines großen Fernsehsenders, der auf drei Standorte verteilt ist, beschließt die Aktivitäten des Senders auf einen Standort zu konzentrieren.

In allen drei Standorten haben sich über die Jahre hinweg Spezialisierungen entwickelt, die auch von einer jeweiligen lokalen Kultur getragen sind.  In einem Standort sind technisch orientierte Aufgabengebiete der Abwicklung angesiedelt, die beiden anderen Standorte tragen bestimmte, inhaltlich getrennte Teile des Programms.

Ein gemeinsames Verständnis der Führungskräfte quer über alle Standorte hinweg fehlt nach Einschätzung der Mutter und der neuen Geschäftsführung des Senders.

Zusammengehalten wird der Sender durch die Prozesse der Senderabwicklung.  Innerhalb der durch die drei Standorte vorgegebenen Grenzen hat sich hier ein reibungsloser Ablauf etabliert, der nach den Kriterien der Wertschöpfung kaum noch organisatorischer Optimierungspotenziale bietet.

Das Projekt der Mutter und der neuen Geschäftsführung des Senders wird von der überwiegenden Mehrheit der Führungskräfte abgelehnt, bedeutet es doch die Auflösung etablierter Standorte, den persönlichen Umzug und den Übergang in eine ungewisse noch nicht beschriebene, organisatorische Zukunft.

Auf der anderen Seite fehlt es an einem organisatorischen Konzept für die Arbeit an einem zentralen Standort zu organisieren ist.  Klar ist nur, dass der bisherige, bewährte Prozess gänzlich neu gestaltet werden muss.  Es liegen zwar grobe Berechnungen vor, in welchem Ausmaß strukturelle, redundante Kapazitäten durch die Zusammenlegung an einem Standort eingespart werden können, ein validiertes, wirtschaftlich und organisatorisch überprüftes Organisationskonzept existiert aber weder für die zukünftige Strukturorganisation noch für die neuen Abläufe.

Mit externer Unterstützung entwickelte der Sender deshalb eine spezielle Strategie für das Change Management. Es wird ein Team von Führungskräften, Meinungsträgern und Fachpromotoren gebildet das beauftragt wird, das zukünftige Konzept des Senders zu erarbeiten.  Ausgangspunkt der Teamarbeit ist dabei nicht die räumliche Reorganisation, sondern die Vorgabe definierter, herausfordernder Ziele in Bezug auf Quote und erreichte Zielgruppe: In zwei Jahren nach Projektstart sind Marktanteil und Umsatz des Senders zu Verdoppeln !!!.

Das Team ist aufgefordert die für die Erreichung dieser Ziele notwendigen Bedingungen zu definieren und in einem strukturellen, organisatorischen und technologischen Konzept umzusetzen. Darüber hinaus ist ein entsprechender Geschäftsplan zu erarbeiten, mit den dieses Konzept umgesetzt werden soll.  Die räumliche Veränderung ist hierbei nur eine der vielen Nebenbedingungen unter dem dieser Geschäftsplan zu entwickeln ist. Das bei der Entwicklung eines entsprechenden Konzepts zur Erreichung dieses Ziels ganz nebenbei auch noch ein neues Strukturkonzept und damit eine neue Strukturorganisation für den neuen Standort sowie eine neue Ablauf- und Prozessorganisation "abfällt" geschieht eher beiläufig, dem neuen Ziel untergeordnet.

Dass die Projektarbeit nach der Bestandsaufnahme schon am neuen Standort stattfindet, fällt kaum noch auf, zu wichtig ist die Diskussion über den Weg zu Marktanteilswachstum und Größe. Da sind die Büros am neuen Standort doch nur hilfreich die Projektarbeit effizient zu organisieren. Und bis zur Abschlusspräsentation hat man auch schon seinen neuen Lieblingsitaliener gefunden.

Drei Jahre später sind Marktanteil und Umsatz um 60% gestiegen, ganz hat man den Mond also noch nicht erreicht. Aber die Sache mit den alten Standorten – wo war da noch das Büro? Und warum wollte man da eigentlich nicht weg?….

Das ist in bester Ordnung, denn:


Der entscheidende Kunstgriff in diesem Projektansatz liegt darin, dass der eigentliche Auslöser des Projekts, die räumliche Veränderung, zu einer Nebenbedingung gemacht wird und einem unternehmerischen Ziel - der erheblichen Ausweitung des Geschäfts - untergeordnet wird

Umso herausfordernder dieses Ziel ist, desto leichter fällt es, die ursprünglich bedrückende und massive Veränderung durch die neuen Standorte als bloße Nebenbedingung eines viel weit gehenderen und wichtigeren Gesamtprozesses es zu verstehen und damit neu zu bewerten. 

Gleichzeitig bringt dieses herausfordernde Ziel, das im Rahmen der bestehenden Strukturen nicht zu erreichen ist (Apollo Ziel), die Führungskräfte zusammen und lässt einen neuen Geist und eine neue auf dieses Ziel und seine Erreichung ausgerichtete Kultur entstehen.

Merke: Manchmal hilft es ein Ziel zu erreichen, wenn man ein anderes setzt, das das alte zu Nebenbedingungen degradiert.  Kolumbus wollte die Erde umrunden, um Indien zu finden, dass er dabei Amerika entdeckt hat, war ein Nebeneffekt.

Getreu dem Motto. "Wenn du ein unvorstellbares Ziel erreichen willst, setzte ein noch unglaublicheres und das unvorstellbare wird zu einem to do."

Anwendung:

1.) Definieren Sie das Spielfeld. Um was geht es?  Was ist der Mond? Was wird gemessen? Wie das Ziel formuliert?

2.) Finden Sie Ihre Ausgangsposition. Wo stehen Sie? Und wo wollen Sie hin? Wie groß ist das Delta zwischen beiden Positionen?

3.) Setzen Sie ein wirklich herausforderndes Ziel. Dieses Ziel muss, so unwahrscheinlich es auch ist, allen bekannt sein und sein Erreichen genügend Aufforderungskraft haben. Jeder kannte den Mond jeder wusste, dass der, der dort landet unsterblich wird. Auf (5261) Eureka zu landen wäre wissenschaftlich vielleicht spannend – aber der Mars trotzdem das richtigere Ziel.

4.) Achten Sie aber darauf, dass Sie nicht Kennedy sind. Sie wollen nicht die UdSSR besiegen (das war übrigens der eigentliche Grund für den Flug zum Mond) sondern ???? – was war noch Ihr eigentliches Ziel das Sie mit dem Appolo Ziel erreichen wollten ???

5.) Vergessen Sie nicht, dass es hier um einen Weg geht, das eigentliche  Hauptziel zur Nebenbedingung eines größeren Ziels zu machen. Es wird zum Zweck und Instrument etwas anderes, noch größeres zu erreichen. Das löst Konflikte auf und schafft die Perspektive, in der die unüberwindliche Klippe zu einem Graben auf dem Weg wird. Nichts desto weniger ist es aber auch immer noch das alte Hauptziel, um das es geht – nicht nur der Mond – das hat die NASA vergessen

6.) Haben Sie keine Angst, wenn Sie noch nicht wissen, wie Sie es erreichen. Das Ziel muss allen bekannt sein, nicht der Weg. Den Weg zu finden ist die Aufgabe, wenn man sein Ziel kennt. Weil der, der den Hafen nicht kennt, den Kurs nicht bestimmen kann.

7.) Setzten Sie die Strategie konsequent um. Unter der Beteiligung möglichste vieler,  je mehr desto besser - Apollo hatte 250 Mio. Mitbauer - alle Amerikaner.

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